Die tariflichen Ausbildungsvergütungen im Friseurhandwerk liegen hinter allen anderen Ausbildungsberufen zurück, aber auch der Vergleich Ost zu West ist beunruhigend. Kaum ein Handwerksberuf hinkt vergütungstechnisch im Osten derart hinterher, wie die Friseurausbildung – was sagen uns diese Zahlen?
Friseurausbildungsvergütung 2021 in Ost- und Westdeutschland
2021 hat Auszubildende/r im Friseurhandwerk laut Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) über die gesamte Ausbildungsdauer in Westdeutschland 660 Euro und in Ostdeutschland 415 Euro durchschnittlich pro Monat verdient.
Die Erhebung der durchschnittlichen Beträge in € pro Monat in den einzelnen Ausbildungsjahren sowie im Durchschnitt über die gesamte Ausbildungsdauer zeigt die nachfolgende Tabelle:
Friseurausbildungsvergütung Ost / West im Monat
Durchschnittliche Dauer der Ausbildung: 36 Monate
1.AJ | 2.AJ | 3.AJ | Insgesamt | |
Westdeutschland | 549 € | 647 € | 768 € | 660 € |
Ostdeutschland | 337 € | 424 € | 482 € | 415 € |
Friseurausbildungsvergütung im Vergleich zu anderen Ausbildungsberufen
Die Friseurausbildung gehört in Westdeutschland zu den am schlechtesten vergüteten Ausbildungsberufen. Nur Orthopädieschuhmacher-Azubis verdienen mit durchschnittlich € 632,00 etwas weniger als der Friseurazubi.
In Ostdeutschland ist das Gefälle zu anderen Ausbildungsberufen gravierender. Mit durchschnittlich € 415,00 liegt der Friseurazubi in Ostdeutschland weitab von allen anderen Ausbildungsvergütungen. An zweiter Stelle folgen mit € 688,00 BodenlegerIn und ParkettlegerIn, etc. (siehe Tabelle unten)
Auffallend ist, dass der Vergleich der Ausbildungsvergütungen in kaum einer Berufsgruppe eine derart große Differenz von Ost zu West aufweist, die jeweiligen Vergütungen liegen weitestgehend auf demselben Niveau.
Die Durchschnittsauszubildendenvergütung liegt im Schnitt über alle 173 erfassten Ausbildungsberufe bei € 991,00 in Westdeutschland.
In Ostdeutschland wurden 114 Ausbildungsberufe erfasst, mit durchschnittlich € 946,00 Vergütung. Das bedeutet, dass ein Friseurazubi monatlich € 531,00 weniger verdient als der ostdeutsche Durchschnittsazubi.
Anzahl Lehrberufe | Ø monatl. Ausbildungsvergütung über 3LJ alle Ausbildungsberufe | Ø monatl. Ausbildungsvergütung über 3LJ Friseurausbildung | |
Westdeutschland | 173 | 991 € | 660 € |
Ostdeutschland | 114 | 946 € | 415 € |
Die 10 niedrigsten Ausbildungsvergütungen: Westdeutschland
Ausbildungsberuf | Ø monatl. Ausbildungs-vergütung über 3LJ in € |
Orthopädieschuhmacher/-in Hw | 632 |
Friseur/-in Hw | 660 |
Bodenleger/-in Hw | 686 |
Parkettleger/-in Hw | 688 |
Raumausstatter/-in Hw | 704 |
Schornsteinfeger/-in Hw | 718 |
Schilder- und Lichtreklamehersteller/-in Hw | 721 |
Bäcker/-in Hw | 744 |
Tiermedizinische/-r Fachangestellte/-r FB | 744 |
Bauten- und Objektbeschichter/-in Hw | 749 |
Die 10 niedrigsten Ausbildungsvergütungen: Ostdeutschland
Ausbildungsberuf | Ø monatl Ausbildungs-vergütung über 3LJ in € |
Friseur/-in Hw | 415 |
Bodenleger/-in Hw | 688 |
Parkettleger/-in Hw | 688 |
Raumausstatter/-in Hw | 698 |
Schilder- und Lichtreklamehersteller/-in Hw | 708 |
Metallbauer/-in (alle Fachrichtungen) Hw | 710 |
Tischler/-in Hw | 715 |
Schornsteinfeger/-in Hw | 725 |
Orthopädieschuhmacher/-in Hw | 733 |
Fachverkäufer/-in im Lebensmittelhandwerk (alle SP) Hw | 733 |
Die 10 höchsten Ausbildungsvergütungen: Westdeutschland
Ausbildungsberuf | Ø monatl Ausbildungs-vergütung über 3LJ in € |
Bankkaufmann/-frau IH | 1.138 |
Lacklaborant/-in IH | 1.138 |
Beton- und Stahlbetonbauer/-in IH | 1.140 |
Beton- und Stahlbetonbauer/-in Hw | 1.154 |
Straßenbauer/-in Hw | 1.195 |
Stuckateur/-in Hw | 1.197 |
Straßenbauer/-in IH | 1.208 |
Rohrleitungsbauer/-in IH | 1.210 |
Maurer/-in Hw | 1.215 |
Fliesen-, Platten- und Mosaikleger/-in Hw | 1.221 |
Zimmerer/Zimmerin Hw | 1.275 |
Die 10 höchsten Ausbildungsvergütungen: Ostdeutschland
Ausbildungsberuf | Ø monatl Ausbildungs-vergütung über 3LJ in € |
Verwaltungsfachangestellte/-r (alle Fachrichtungen) ÖD | 1.091 |
Kaufmann/-frau für Büromanagement ÖD | 1.091 |
Verfahrenstechnologe/-technologin Metall (alle FR) IH | 1.092 |
Elektroniker/-in für Geräte und Systeme IH | 1.092 |
Fachangestellte/-r für Arbeitsmarktdienstleistungen ÖD | 1.093 |
Gerüstbauer/-in Hw | 1.100 |
Pharmakant/-in IH | 1.102 |
Sozialversicherungsfachangestellte/-r (alle FR) ÖD | 1.128 |
Kaufmann/-frau für Versicherungen u. Finanzen (alle FR) IH | 1.128 |
Bankkaufmann/-frau IH | 1.134 |
Konsequenzen für die Ausbildung
- Die Zahl der Auszubildenden im Friseurhandwerk nimmt seit Jahren dramatisch ab. Zuletzt sank die Zahl abgeschlossener Ausbildungsverträge 2021 auf 6.954. Während sich der Gesamtausbildungsmarkt mit einem Plus von +1,2% positiv zum Vorjahr entwickelte, lag die Negativentwicklung im Friseurberuf bei -10% im Vergleich zum Vorjahr (zum Detailbericht Anzahl Auszubildende im Friseurhandwerk vs Gesamtmarkt und Entwicklung).
Seit 2008 nimmt die Zahl der Friseurauszubildenden jährlich ab, im Vergleich zu 2008 gibt es 2021 60% weniger Auszubildende im Friseurhandwerk.
- Immer weniger Salons bilden aus, 2021 hat nur jeder 12te Salon einen Azubi aufgenommen/ gefunden.
- Die bedrohlichste Frage von allen: Woher werden wir in den kommenden Jahren die Beschäftigten nehmen?
Was, wenn die Friseurausbildung anders vergütet würde?
Ein schmerzhafter Gedanke für all jene, die ausbilden. Bereits jetzt verweisen Unternehmer auf die hohen Ausbildungskosten von bis zu 40.000 € für die dreijährige Lehrzeit.
Das Dilemma: Weniger als 20% der Friseurbetriebe finanzieren für 100% des Marktes den Nachwuchs. Hier wird schon lange ein gerechter Ausgleich gefordert, bisher ohne Ergebnis.
Ein Catch22
Auf der einen Seite könnte eine höhere Ausbildungsvergütung die Friseurausbildung attraktiver machen und wieder für mehr Zulauf sorgen.
Auf der anderen Seite haben Salonunternehmer derzeit keine Chance dies in ihrer Preisgestaltung abzubilden und damit ihre Ausbildungsaktivität zu finanzieren. Die Folge wäre eine Wettbewerbsverzerrung, da alle nichtausbildenden Salons (80%) damit einen ganz klaren Kalkulationsvorteil hätten.
In verschiedenen Interviews haben wir in den vergangenen Monaten zu dieser Thematik Stimmen gesammelt. Diese finden Sie hier: ► Ausbildung NEU denken
Zu den Daten
Quelle: BIBB, Januar 2022
Die BIBB-Datenbank Tarifliche Ausbildungsvergütungen umfasst ausschließlich Berufe, die nach dem Berufsbildungsgesetz (BBiG) bzw. der Handwerksordnung (HwO) im dualen System der Berufsausbildung, d. h. in Betrieb und Berufsschule, ausgebildet werden. Hier haben die Auszubildenden gegenüber ihrem Ausbildungsbetrieb einen rechtlichen Anspruch auf eine angemessene Vergütung (§ 17 BBiG). Aufgrund der branchenspezifischen und regionalen Unterschiede existiert für den einzelnen Beruf in der Regel keine einheitliche Ausbildungsvergütung. Im Rahmen der BIBB-Datenbank Tarifliche Ausbildungsvergütungen werden auf Grundlage der unterschiedlichen Vereinbarungen aus rund 500 bedeutenden Tarifbereichen Deutschlands Vergütungsdurchschnitte pro Beruf ermittelt. Im individuellen Fall kann die tatsächlich gezahlte Vergütung erheblich vom tariflichen Durchschnittswert des betreffenden Berufs abweichen.