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Michael Klier: Auch für Ausbilder muss das Ausbildungssystem modernisiert werden

Mit 450 Auszubildenden startet die Klier Hair Group ins neue Jahr, dennoch bleiben einige Ausbildungsplätze unbesetzt. Deshalb gibt es Forderungen zu einheitlichen Rahmenbedingungen, einer Ausweitung der Ausbilder-Ausbildung, sowie inhaltliche Änderungen in den Ausbildungsrahmenplänen…

Michael Klier, Geschäftsführer Klier Hair Group (750 Salons, 5.000 Mitarbeiterinnen*Mitarbeiter), im Gespräch mit Raphaela Kirschnick

Die Nachwuchsstatistik zeigt jährlich ein Minus. Wie sieht es bei euch als größtem Ausbilder Deutschlands aus? Habt ihr genug Auszubildende und wenn ja wie viele starten 2023 und wie viele habt ihr insgesamt?
Michael Klier:
 Auch wir spüren leider eine rückläufige Tendenz bei den Ausbildungsbewerbern. Die Ausbildung zum Friseur bedarf dringend eines Imagewechsels. 
In diesem Jahr hatten wir knapp 600 neue Ausbildungsplätze deutschlandweit ausgeschrieben. Wir freuen uns, dass wir bisher rund 450 dieser Stellen besetzen konnten. Mit den Auszubildenden im 2. und 3. Lehrjahre bieten wir damit in diesem Jahr insgesamt rund 900 jungen Menschen einen Weg in den Friseurberuf.

“Diese uneinheitliche Vorgehensweise beim Thema Ausbildungsvergütung ist leider einer der Gründe, warum die Ausbildung zum Friseur ein schlechtes Image hat.”

Die ►Ausbildungsvergütung ist in jedem Bundesland anders geregelt. Dabei gibt es enorme Schwankungen und in vielen Bundesländern liegen die Entgelte sogar unter der gesetzlich geregelten Ausbildungsvergütung von 620 € im ersten Lehrjahr. An welche Vergütung haltet ihr euch? Verdienen alle Azubis gleich?
MK:
 Diese uneinheitliche Vorgehensweise beim Thema Ausbildungsvergütung ist leider einer der Gründe, warum die Ausbildung zum Friseur ein schlechtes Image hat. Da in den Medien häufig die unteren Werte als Beispiel herangezogen werden, welche aufgrund des Ausbildungs-Mindestlohns gar keinen Bestand mehr haben. Hier sind eine bundeseinheitliche Regelung und Vorgehensweise der Verbände dringend nötig.

In der Klier Hair Group halten wir uns einheitlich an die geltende gesetzliche Mindestvergütung. Es sei denn, der Tarifvertrag oder auch die Empfehlung des jeweiligen Landesinnungsverbandes liegt, wie beispielsweise in Niedersachsen, höher. Dann zahlen wir selbstverständlich den höheren Tarif bzw. Empfehlung.

Haben Auszubildende die Möglichkeit zur Provision/ Umsatzbeteiligung?
MK:
 Das Gesetz verbietet explizit eine leistungsbezogene Bezahlung bei Auszubildenden. Auszubildende sollen sich vollkommen auf Ihre Ausbildungsinhalte und ihr Lernziel konzentrieren. Umsatzdruck darf unter keinen Umständen entstehen. Übertarifliche Zulagen hingegen sind erlaubt und können bei der Klier Hair Group auch bei Auszubildenden ein Vergütungsbestandteil sein. 

“Nicht nur für die Azubis, sondern auch für die Ausbilder muss das Ausbildungssystem modernisiert werden.”

Was müsste sich am bestehenden Ausbildungssystem ändern?
MK:
 Trotz bundeseinheitlicher Vorgaben erleben wir als deutschlandweit ausbildendes Unternehmen große Unterschiede in den Prüfungsbestimmungen einzelner Bundesländer oder auch Städte. Dies betrifft die Prüfungsvoraussetzungen ebenso wie die Gestaltung der Prüfungen, die häufig von den Vorstellungen der jeweiligen Prüfungskommission abhängen.

Neben der bundesweiten Einhaltung der vorgegebenen Standards würden wir uns hier auch inhaltlich frischen Wind wünschen. Die Lehr- und eben auch Prüfungsinhalte sollten praxisnäher gestaltet werden. Die Auszubildenden sollten z. B. darin geschult und unterstützt werden, spontan auf den Kunden – seine Wünsche und die Haargegebenheiten – eingehen zu können. Aktuell bereitet sich ein Auszubildender über Monate oder Jahre mit den gleichen Modellen auf die Prüfung vor.

Nicht nur für die Azubis, sondern auch für die Ausbilder muss das Ausbildungssystem modernisiert werden. Die Ausbilder tragen immerhin maßgeblich dazu bei, aus den jungen Menschen kompetente Friseure zu machen. Die Lehrgänge für den Ausbildereignungsschein oder auch den Meisterbrief sind aktuell häufig nicht praxisnah ausgerichtet, damit die Ausbilder ihrer Rolle, z. B. im Besonderen den Umgang mit der Generation Z, wirklich gerecht werden können.

Gerade vor dem Hintergrund des Nachwuchsmangels in der Friseurbranche sollte das Ausbildungssystem auch flexibler für unterschiedliche Lebenswege geöffnet werden. Heute muss sich eine 30-jährige Quereinsteigerin mit 16-jährigen Jugendlichen gemeinsam auf die Schulbank setzen. Die Lern-Voraussetzungen von beiden Personen könnten aber unterschiedlicher kaum sein. Damit verschließt sich die Branche einer zukünftigen Generation von Arbeitnehmerinnen, die nicht in dem Beruf, den sie gelernt hat, auch in Rente gehen möchte.

Welche konkreten Forderungen habt ihr an Verbände?
MK: Dies orientiert sich im Grunde an dem oben Beschriebenen:  

  • Sicherstellung einheitlicher Rahmenbedingungen
  • Neue Impulse und Ausweitung der Ausbilder-Ausbildung, z. B. Umgang mit Generation Z
  • Inhaltliche Änderungen in den Ausbildungsrahmenplänen

Wichtig ist, dass Standards bundesweit und auch für alle umgesetzt werden. Denn nur so geben wir ein einheitliches Bild der Branche nach außen ab und können auch das Image des Friseurberufs nachhaltig beeinflussen.

Was macht ihr in der Klier Hair Group anders?
MK: Zuallererst, wir bekennen uns klar zum Thema Ausbildung, wir investieren in die Auszubildenden – auch wenn wir wissen, dass nicht alle bei uns bleiben werden, und bilden so für die gesamte Branche aus.

Wir haben bereits vor Jahren ein unternehmensinternes Ausbildungssystem implementiert, dass für alle unsere Azubis einheitlich ist. Dazu gehört, dass wir in der Zentrale die Position der „Ausbildungsbeauftragten“ geschaffen haben, die ein deutschlandweites Netzwerk von Talent-Guides, Talent-Coaches und Talent-Trainern führt.

Das Ziel unseres internen Ausbildungssystems ist es, unsere Azubis in zwei Jahren so fit zu machen, dass sie das dritte Lehrjahr nutzen können, um ihre Kenntnisse zu festigen, sich auf die Abschlussprüfung vorzubereiten und sich auch bereits einen festen Kundenstamm aufzubauen.

Dazu gehören interne Zwischenprüfungen, die sich an den offiziellen Regularien orientieren und eine interne Abschlussprüfung am Ende des 2. Lehrjahrs, die sich an der offiziellen praktischen Abschlussprüfung anlehnt.

“… Auszubildenden bereits im ersten Lehrjahr möglichst schnell an den Kunden mitarbeiten sollen.”

Dazu gehört auch, dass die Auszubildenden bereits im ersten Lehrjahr möglichst schnell an den Kunden mitarbeiten sollen, das ist schließlich der Grund, warum junge Menschen diese Ausbildung wählen. Mein Vater [Hubertus Klier] sagte immer „Wir wollen keine Putzlinge ausbilden, sondern Friseure“. Er hat das während seiner Ausbildung am eigenen Leib erlebt und wollte allen Auszubildenden der Klier Hair Group eine bessere Ausbildung ermöglichen.

Wir machen aber nicht nur unsere Auszubildenden fit, sondern schulen auch unsere Salonleitungen / Ausbilder, z. B. auf den Umgang mit der Generation Z.

Lieber Michael, ich danke dir für dieses Gespräch und euren Blick auf die aktuelle Lage.