Marvin Reschinsky spricht über Gewerkschaftsmaßnahmen für den Friseurberuf, Verhandlungsschwierigkeiten, etc…
Das Gespräch führte Raphaela Kirschnick
imSalon: Seit ein paar Tagen läuft die Aktion „besser abschneiden“ Wie zufrieden sind Sie?
Marvin Reschinsky: Sehr, der Abschluss des Tarifvertrages in Schleswig Holstein ist ein erster großer Erfolg.
Ein solche Verhandlung dauert aber doch länger, oder?
MR: Nein, nicht immer. Wir haben vor 2 Wochen begonnen mit den Verhandlungen und jetzt steht der Tarifvertrag. Auszubildende erhalten 1.600 € in drei Jahren mehr, aber auch der Friseurtarif ist erhöht worden. Und es ist der erste Tarifvertrag im Friseurhandwerk mit einer Abstandsregelung zum Mindestlohn.
Was bedeutet Abstandsregelung?
MR: Der Abstand zum Mindestlohn muss immer € 0,50 darüberliegen. Wird der Mindestlohn angehoben, wird der Friseurtarif angehoben.
Laufen Gespräche auch mit anderen Bundesländern?
MR: Ja, mit 11 Bundesländern verhandeln die einzelnen ver.di Landesvertretungen vor Ort.
Verhandeln Sie auch mit dem Zentralverband?
MR: Verhandeln wäre zu viel gesagt, es laufen eher Gespräche. Leider läuft das sehr schleppend. Wir würden eine Bundeslösung präferieren, aber man tut sich schwer.
Die Tarifhoheit liegt ja auch bei den Bundesländern.
MR: Das ist korrekt, nur in den vergangenen Jahren, gab es auch Tarifverhandlungen mit dem Zentralverband und den Landesinnungen, dies könnte man sicher rasch wieder herstellen.
Sie kritisieren heftig die Arbeitsbedingungen, wird das nicht zu einseitig gesehen?
MR: Ich habe mittlerweile mit fast 5.000 Auszubildenden gesprochen und die wildesten Geschichten gehört.
Schwarze Schafe gibt es, keine Frage, aber die Mehrheit?
MR: Wir haben eine schriftliche Umfrage gemacht, die Mehrheit der Auszubildenden hat angegeben ausgenutzt zu werden, unbezahlte Überstunden zu machen, und so weiter.
Was tun gegen schwarze Schafe?
MR: Wir müssen die Auszubildenden aufklären, was sie tun können, welche Rechte Sie haben. Viele junge Menschen wissen ja nicht einmal, dass sie sich wehren können.
Sie haben knapp 2.000 Friseurauszubildende als Gewerkschaftsmitglieder gewonnen, mit dieser Unterstützung?
MR: Wir müssen uns natürlich klar positionieren und eine Gewerkschaftskultur muss erst entstehen. Als Gewerkschaftsmitglied hat der Auszubildende Arbeitsrechtsschutz, da haben wir mittlerweile einige Prozesse zum Laufen gebracht und wir haben alle Fälle gewonnen. Davon erhoffen wir uns auch eine Abschreckwirkung, das hilft dann gegen schwarze Schafe.
Wir haben gerade einen Auszubildenden in Berlin vertreten, dieser hat 800 Überstunden gemacht in seinen drei Lehrjahren, fein säuberlich aufgeschrieben und sogar vom Chef unterschrieben. Wir haben bewirkt, dass er die Überstunden komplett vergüten musste.
Das können aber nur Einzelfälle sein. Wie wird denn mit Trainingsstunden umgegangen?
MR: Die Azubis werden angelogen! Chefs sagen ihnen, das ist so und so und jeder glaubt‘s. Unsere Mitglieder erhalten von uns nun Kalender, in welchen Sie Überstunden notieren können.
Wieviel geben Sie beim Friseur aus?
MR: € 45,00
Vorbildlich!
MR: Es ist mir schon klar, dass die Wertigkeit auch über Preise steigen muss. Vor Kurzem war ich in einem Salon, da kostete der Herrenhaarschnitt 4,95. Das kann ja nicht gehen.
Das ist ein Problem, an welchem wir alle arbeiten müssen. Danke für das Gespräch.
Nähere Informationen zur bundesweiten Tarifkampagne „Besser abschneiden“ unter http://www.besser-abschneiden.info.
Fotocredit: Zur Verfügung gestellt von Marvin Reschinsky (ver.di)
September 2017