Ein interessanter Schritt zur Bekämpfung von Schwarzarbeit und Sozialbetrug. Die Schweizer Stadt Thun vergibt ein Friseur-Gütesiegel, dass nicht die Qualität der Leistung bewertet, sondern die wirtschaftliche Integrität des Salonunternehmens.
Mit dem auf 2 Jahre angelegten Versuchsprojekt, will Thun die Arbeitsbedingungen im Friseurgewerbe verbessern und sich für faire Wettbewerbsbedingungen einsetzen. Coiffeurgeschäfte und Barbershops, die gewisse Kriterien erfüllen, werden dafür seit dem 1. Juli 2021 mit dem Label ‚korrekt&fair“ ausgezeichnet.
In Zusammenarbeit mit der Kantonspolizei Bern und der Arbeitsmarktkontrolle Bern führte das Polizeiinspektorat der Stadt Thun bereits seit drei Jahren regelmäßige Kontrollen in Thuner Barbershops und Coiffeurgeschäften durch. Dabei zeigten sich diverse Mängel und Verstöße gegen die Bestimmungen des Gesamtarbeitsvertrages (GAV).
Wie können Coiffeure das Label erhalten?
Das Gütesiegel basiert auf freiwilliger Selbstdeklaration. Wie alle anderen Gemeinden ist die Stadt Thun in bewilligungsfreien Branchen wie dem Coiffeurgewerbe im Wesentlichen für die Fachgebiete der Preisbekanntgabevorschriften und der Ruhe und Ordnung verantwortlich. Die Zuständigkeiten für die übrigen Bereiche obliegen anderen Behördenstellen.
Aufgrund dieser Ausgangslage kann das städtische Qualitäts-Label ausschließlich aufgrund einer freiwillig ausgefüllten Selbstdeklaration mit Einreichung von zusätzlichen Nachweisen vergeben werden. Einzelbetriebe und Betriebe mit Angestellten versichern mit ihrer Unterschrift unter anderem, die GAV Gesamtarbeitsvertrags-Bestimmungen einzuhalten, Sozialversicherungsprämien korrekt abzurechnen und Einnahmen korrekt zu deklarieren und zu versteuern. Betriebe mit Angestellten bestätigen zudem, die Mindestlöhne einzuhalten und keine Mitarbeitenden illegal zu beschäftigen.
Das Label macht keine Aussage zur fachlichen Qualifikation respektive zur Ausführung des Friseurhandwerks in den Betrieben.
Transparenz für Kundschaft
Das Qualitäts-Label soll KundInnen die nötige Transparenz in den erwähnten Bereichen bringen. Die ausgezeichneten Barbershops und Coiffeurbetriebe können sich so von der Konkurrenz abheben. Bis heute haben rund 55 Betriebe die Selbstdeklaration abgegeben und werden per 1. Juli mit dem Label ausgezeichnet. Sie erhalten von der Stadt einen entsprechenden Aufkleber, den sie für die Kundschaft ersichtlich in ihrem Betrieb anbringen können.
Ein interessanter Schritt in die richtige Richtung. Denn Friseure können die Chance nutzen auch mit ihren Kunden über den daraus resultierenden unfairen Wettbewerb im Markt zu sprechen. Löhne und die entsprechenden Nebenkosten, Steuern, etc. sind abzuführende Kosten, die in die Gesamtpreiskalkulation einfließen. Vielen Endkonsumenten ist das häufig nicht bewusst, wer spricht auch schon gerne darüber.
Auch in Deutschland ist das Thema Schwarzarbeit stärker ins Visier der Bundesregierung gerückt. Im Vierzehnten Bericht der Bundesregierung über die Auswirkungen des Gesetzes zur Bekämpfung der illegalen Beschäftigung (Link) wird auch auf Erfolge durch Kontrollen im Friseurhandwerk hingewiesen und verstärkte Maßnahmen mit Fokus auf Barbershops und Mobile Dienstleister beschrieben.