Credit: Erik van Geul (rechts) und Ronald van Geul (links)

Friseur Erik van Geul zahlt Inflationsprämie monatlich aus

Die Inflationsprämie gibt’s zum Stundenlohn, die Preise steigen proportional und Anreize locken neue Mitarbeiter und Kunden.

Mit der ►Inflationsausgleichsprämie bis zu 3.000 Euro können Chefs ihren Mitarbeiter*nnen etwas Gutes tun. Die Prämie ist steuer- und abgabenfrei und kann einmalig oder auch in Teilen bis Ende 2024 ausbezahlt werden. Diese Inflationsausgleichsprämie ist Teil des „Gesetzes zur temporären Senkung des Umsatzsteuersatzes auf Gaslieferungen über das Erdgasnetz“. Der Bundesrat hat sie am 7. Oktober 2022 beschlossen.

Bei Friseur Erik van Geul in Viersen (NRW) befürwortet man die Ausgleichsprämie. Wir haben nachgefragt.

Im Gespräch mit Katja Ottiger von imSalon.de

Einrichtung in einem Friseursalon
Salon Erik van Geul

Salon Erik van Geul

Erik und Ronald, ihr nutzt die Inflationsausgleichsprämie. Wie?
Erik van Geul:
 Die Inflationsprämie ist steuer- und abgabenfrei und wir nutzen diese als Möglichkeit, unseren Mitarbeitern eins zu eins unsere Wertschätzung auch finanziell zu zeigen. Wir alle müssen gemeinsam durch die Krise kommen, auch wenn das für uns bedeutet, weniger Gewinn zu machen. Die letzten Jahre waren hart, aber auch da haben wir die Corona-Prämie ausbezahlt, und dafür u.a. selbst auf Urlaubsreisen verzichtet.

Unser Inflationsschlüssel: „39,5 Stunden x 4,33 Wochen x 1 Euro“

Die Inflationsprämie auszahlen heißt in euren Zahlen: 171 Euro pro Monat netto zuzüglich zum Gehalt für Vollzeit-Mitarbeiter. Wie schlüsselt ihr das auf und wie lang habt ihr vor, das zu zahlen?
Ronald van Geul:
 Bis Ende 2024 ist ein ziemlich langer Zeitraum, den uns die Regierung hier zur Verfügung stellt. Wir werden schauen, wie sich die Preise und Löhne in diesem Zeitraum entwickeln. Aber derzeit geben wir 1 Euro pro Stunde als freiwillige zusätzliche Leistung dazu. Bei Vollzeit heißt das: 39,5 Stunden x 4,33 Wochen x 1 Euro. Wer der Meinung ist, er wolle weniger arbeiten, bekommt entsprechend weniger. Gerade wir kleinen Unternehmen können versuchen, die Dinge gerechter und besser zu machen als die Großen.

„Je teurer du wirst, desto weniger schauen die Leute auf das Trinkgeld.“

In den letzten 5 Jahren habt ihr regelmäßig Lohnerhöhungen durchgeführt – um wieviel Prozent?
EvG: 2017 haben wir den Salon mit allen Mitarbeitern aus dem Konkurs übernommen. Der Salon war damals im Billigsegment angesiedelt, in dem generell auch weniger Trinkgeld bezahlt wird. Die Mitarbeiter lagen damals bei einem Stundenlohn von 9,10 Euro. Jetzt sind wir bei 15 Euro (NRW Tariflohn aktuell in unser TG 13,20 Euro) was eine beinahe 65 prozentige Erhöhung ist. Mit steigenden Preisen ändert sich auch die Klientel. Es steigert sich das Trinkgeld und das Arbeitsumfeld ändert sich positiv. Je teurer du wirst, desto weniger schauen die Leute auch aufs Trinkgeld. Derzeit können wir nur an der Gewinnschraube drehen. Wir kommunizieren auch gegenüber unseren Kunden, dass wir unseren Mitarbeitern faire Löhne zahlen und mit Refill Produkten, Aluminiumrecycling und Haare sammeln für Hair Help the Ocean, den Umweltgedanken leben und uns in der Region sozial engagieren.

Um Mitarbeitern mehr zahlen zu können, müssen die Preise erhöht werden. Wie viel?
EvG:
 Beim Herrenservice sind wir von 14 Euro im Jahr 2017 auf heute 34 Euro angestiegen, haben seit längerer Zeit Unisexpreise und im letzten Jahr die Preise bei Schnitt, Styling, Pflege und Farbe generell um 25 Prozent angehoben. Natürlich geht das alles einher mit einer kontinuierlichen Steigerung der Qualität und des Services. Im Sommer dann kam die Inflation. Im Zuge der Mindestlohnerhöhung zum 1. Oktober haben wir linear 13 Prozent auf alles aufgeschlagen. Damit konnten wir die 20 Prozent Lohnerhöhung umsetzen.

„Wir werden unsere Kosten trotz allem eins zu eins weitergeben.“

Die nächste Welle wird dann Anfang nächsten Jahres kommen, so lange haben wir noch einen guten Abschluss mit unserem Stromanbieter. Auch wenn wir einen kleinen Puffer aufgebaut haben, geht es auch im nächsten Jahr Schlag auf Schlag weiter, denn wir wollen immer vor der Welle bleiben. Es werden alle sparen müssen, aber wir werden unsere Kosten trotzdem eins zu eins weitergeben.

Habt ihr Ausfälle bei den Kunden?
EvG:
 Wir sind im Schnitt zu 90 Prozent ausgebucht. Wir können auch wirklich aktuell nicht klagen, in den letzten Monaten hatten wir 14 Bewerbungen, haben sieben Gespräche geführt und drei neue Mitarbeiter gefunden. Hier können wir auch auf die Unterstützung von Authentic Beauty Concept, Kérastase und Redken zählen, die die neuen Mitarbeiter dank ihrer Seminarangebote im Laufe des Jahres schnell auf unser Leistungsniveau bringen werden.

„Es lohnt sich immer, in Mitarbeiter zu investieren.“

Ihr werbt als Arbeitgeber mit 26 statt 24 Urlaubstagen, plus Freizeit an Heiligabend und Silvester, 1000 Euro nach Ende der Probezeit. Geht es nicht mehr ohne Goodies?
RvG: Es lohnt sich immer, in Mitarbeiter zu investieren. Umso schneller Lücken im Team aufgefüllt werden, desto besser ist das für die Gesundheit aller und das Geschäft. Wer bei uns die dreimonatige Probezeit positiv abschließt, bekommt zusätzlich 1000 Euro ausbezahlt – nach drei Monaten gehe ich auch davon aus, dass derjenige das Geld eingespielt hat. Der Kunde, der einen neuen Mitarbeiter wirbt, bekommt einen Salongutschein im Wert von 500 Euro und für alle Mitarbeiter, die mehr als 10 Km Fahrweg haben, gibt es einen Tankgutschein über 50 Euro.

Innenansicht eines Friseursalons
Salon von Erik van Geul

Salon von Erik van Geul

Die Friseurbranche ist eine der, ich sage es mal vorsichtig, kriminelleren Branchen und eine mit schlechterem Ruf. Die Gastro beispielsweise hat es geschafft, ihr schlechtes Image allgemein zu polieren. Auch wenn es 10-15 Prozent der Topsalons sind, die sich Gedanken machen, das Image gerade zu rücken, gelingt es nicht so gut. Kleinstgewerberegelung, Reisegewerbe, offene Ladenkassen … Gefühlt jeder kennt jemanden, der schwarz arbeitet.

„Mitarbeiter sollen entspannt ihr Privatleben genießen.“

Da muss dringend etwas getan werden. Wir möchten, dass unsere Leute ihre Arbeitsleistung bei uns erbringen und nicht wegen eines schlechten Mindestlohns gezwungen sind, zusätzlich zu Hause zu arbeiten. Sie sollen entspannt ihr Privatleben genießen. Und dafür müssen nicht zuletzt Unternehmer die Rahmenbedingungen schaffen und der Staat für einen fairen Wettbewerb sorgen.

Über Friseursalon Erik van Geul
1 Salon in Viersen, NRW seit 2017
7 Mitarbeiter*innen